Wer betreut die Kinder nach der Trennung? Thema: Wechselmodell
In der Praxis werden die Folgen der Trennung und Scheidung entweder durch Vereinbarung geregelt oder – wo eine Einigung nicht gelingt – vor Gericht entschieden. Manchmal geht es um Grundbesitz, um Unterhaltsansprüche oder um die Durchführung des Rentenausgleichs; in anderen Fällen geht es um die gemeinsamen Kinder. Dazu im heutigen Beitrag.
Das herkömmliche Modell, an dem sich die Familiengerichte orientieren, legt zugrunde, dass ein Elternteil die Betreuung der Kinder übernimmt und der andere Elternteil den Barunterhalt zahlt („Residenzmodell“). Diese Unterhaltsrente bestimmt sich im Kern nach dem Einkommen des nicht-betreuenden Elternteils, das ist in der Praxis immer noch meistens der Kindesvater. Beide Rechtspflichten gelten als gleichwertig. Das bedeutet, dass sich der betreuende Elternteil auch dann nicht an dem Barunterhalt beteiligen muss, wenn er selbst ein gutes Einkommen hat, und ebenso wenig in den Fällen, in denen der andere, zahlende Elternteil die Kinder in einem relevanten Umfang von z.B. 40 % seinerseits betreut und versorgt und Anschaffungen tätigt.
Das hat zu vielen Streitigkeiten geführt. Eine der Antworten darauf ist das „Wechselmodell“. Die Eltern vereinbaren die Betreuung des – häufig einzigen – gemeinsamen Kindes im Verhältnis 50 : 50. Einzelheiten und insbesondere die Frage des Barunterhalts regelt ein Vertrag. Neuerdings hat der BGH als oberstes Familiengericht entschieden, dass ein solches „Wechselmodell“ auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden kann. Damit ist die Sache aber nicht einfacher geworden.
An erster Stelle sollte immer das KINDESWOHL stehen. Zu hinterfragen ist, ob es dem Kind wirklich guttut, nicht einen, sondern zwei Lebensmittelpunkte zu haben und wöchentlich zu pendeln; ohnehin funktioniert das eigentlich nur bei räumlicher Nähe der Elternwohnungen. Handelt es sich um mehrere Geschwister, ist die „Verteilung“ der Kinder auf die Eltern und ein passendes Besuchsschema oft die bessere Lösung. Gewiss sollte das Wechselmodell nicht primär dem verletzten Elternstolz abhelfen oder die Vermeidung der Unterhaltszahlungen bezwecken. Für das Wechselmodell wird angeführt, dass das Modell geeignet ist zur Bewältigung aufkommender Loyalitätskonflikte der Kinder, die plötzlich zwischen Vater und Mutter stehen. Vorausgesetzt werden aber stets
• Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft beider Elternteile,
• eine ähnliche Einstellung zu Fragen der Erziehung und des Sorgerechts,
• Flexibilität und Koordination von Arbeitszeiten, Aktivitäten, Transport etc.
Beim Thema Unterhalt wird es ohnehin kompliziert. Es handelt sich um einen Anspruch der Kinder, nicht der Eltern (diese vertreten nur die Kinder). Die Unterhaltspflicht wird anhand der Düsseldorfer Tabelle ermittelt und soll im Wechselmodell unter Beachtung der Einkommens-verhältnisse beider Eltern zunächst berechnet und dann im Verhältnis der Einkommen aufgeteilt werden. Wie es dann praktisch mit den Zahlungen weitergeht und ob die Eltern wechselseitig „verzichten“ oder „aufrechnen“ dürfen, muss ein Beratungsgespräch klären.